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„Die Gradlinigkeit einer Karriere wird oft überbewertet“: Interview mit Dr. Nico Rose

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Rose 004Dr. Nico Rose habe ich für mein Buch „Karriere mit System“ ausgewählt, weil er eine sehr hohe positive Sichtbarkeit in den sozialen Medien hat und sich mit dem Thema Personal bestens auskennt. Außerdem nehme ich ihn als Mensch wahr, der auch mal um die Ecke denkt. Natürlich habe ich auch sein Buch „Lizenz zur Zufriedenheit“ gelesen. Das hat mir gut gefallen – Inhalt, Wissen, Hintergründe und gute Übungen. In diesem Interview geht es aber um seine ganz persönliche Karriere. Wir dürfen wie bei Henrik Zaborowski persönliche Einblicke erwarten.

Erzählen Sie doch mal über sich!

Derzeit bin ich Senior Director Corporate Management Development bei einem Medienkonzern. Außerdem gibt es eine Reihe von Nebenbeschäftigungen: ich arbeite als freiberuflicher Coach, unterrichte regelmäßig an einer Business School, blogge, schreibe Fachartikel und hoffentlich bald auch mein zweites Buch. Zusätzlich habe ich ein einjähriges Zusatz-Studium in den USA abgeschlossen. Und dann bin ich noch Ehemann, stolzer Papa eines kleinen Sohnes und fleißiger Besucher von Heavy-Metal-Konzerten.

Wie haben Sie selbst Karriere gemacht?

Der rote Faden in meinem Lebenslauf ist, dass es keinen gibt. Ich habe Psychologie studiert, bin im HR einen großen Konzerns eingestiegen, habe dann an einem Lehrstuhl für Controlling promoviert, nebenbei in einer auf CRM-fokussierten Beratung gearbeitet, und meine eigene Coaching-Firma gestartet. Jetzt bin ich wieder Personaler. Ich würde das nicht unbedingt zur Nachahmung empfehlen. Mein CV zeigt aber auch, dass die Geradlinigkeit einer Karriere oft überbewertet wird.

Wie ticken Bewerber heute?!

Die Menschen, mit denen ich in meinem Hauptberuf zu tun habe, sind sehr gut ausgebildet. Sie kommen von den besten Universitäten weltweit, haben zig Praktika absolviert oder kommen als Berufserfahrene von anderen Top-Arbeitgebern. Insofern sehe ich nur einen Ausschnitt des Marktes. Hier gilt dann aber: diese Menschen wissen sehr genau um ihren ‚Marktwert‘ und treten entsprechend selbstbewusst auf. Sie stellen mitunter bereits im ersten Vorstellungsgespräch Fragen und Forderungen, die ich zehn Jahre zuvor nicht zu äußern gewagt hätte. Ich finde das gut so. Früher hatten die Unternehmen aufgrund des Überangebots an Jobs und ihres Informationsvorsprungs eine sehr starke Machtposition. Das hat sich zumindest für die zuvor genannte Zielgruppe gewandelt. Heute spricht man mehr auf Augenhöhe.

Was hat sich gegenüber früher verändert?

Es herrscht heute mehr Augenhöhe zwischen Unternehmen und ihren Bewerbern. Früher wusste ein Unternehmen fast alles über den Bewerber, denn man musste ja sein bisheriges Leben offenlegen. Der Bewerber wusste aber recht wenig über das Unternehmen. Man musste sich als Bewerber auf Hochglanzbroschüren der Firmen verlassen, oder das, was man in den allgemeinen Nachrichten oder von Bekannten erfahren konnte. Heute kann der Bewerber ein Unternehmen in kurzer Zeit regelrecht durchleuchten. Es gibt unzählige Nachrichtenquellen, Informationsplattformen – und auf XING oder LinkedIn kann man seine potenziellen Kollegen einfach ansprechen und um Erfahrungen aus erster Hand bitten. Das macht es schwerer für die Unternehmen, ein positives Image zu bewahren. Ich halte das jedoch für eine begrüßenswerte Entwicklung.

Was bieten Unternehmen heute mehr als früher?

Die bereits angesprochene Verschiebung der Machtverhältnisse hat dazu geführt, dass die meisten Unternehmen ihren Mitarbeitern viel mehr und flexiblere Angebote machen, als das noch vor 20 oder gar 50 Jahren üblich war. Viele Firmen haben verstanden, dass Menschen heute großen Wert auf eine gelungene Work-Life-Integration legen. Gleitzeit- und Teilzeit-Lösungen, Betriebskindergärten, Home-Office, Sabbaticals, und kostenlose Gesundheitscheckups und Sportprogramme – all das findet man heute immer flächendeckender. Natürlich geht aber immer noch mehr. Wer als Unternehmen ‚die Besten‘ an Bord holen will, muss hier auf Zack sein.

Wo hakt es noch?

Ich glaube, dass viele Unternehmen noch zu sehr in althergebrachten hierarchischen Führungsstrukturen und den zugehörigen Incentivierungsstrukturen verharren. Vieles davon passt nicht mehr in die heutige Zeit, vor allem nicht zu den Erwartungen der jüngsten Generation von Arbeitnehmern. Das Konzept dessen, was ‚Arbeit‘ bedeutet, wird sich in den nächsten 20 Jahren radikal ändern, zumindest in westlichen Dienstleistungsgesellschaften – die Zeichen sind bereits jetzt deutlich sichtbar. Die Führungs- und Personalmanagement-Methodenmethoden hängen dagegen vielerorts noch in 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts fest.

Wie erkennen Bewerber die Firma, die zu Ihnen passt?

Das kann ich nur für mich persönlich beantworten. Ich habe mit der Zeit gelernt, auf mein Bauchgefühl zu hören. Die Fragen lauten nicht mehr „Wie gut ist das Unternehmen?“ oder „Wie passt dieser Job in meinen Karriereplan?“ – sondern: „Wie gut geht es mir, während ich im Vorstellungsgespräch sitze und mit meinen potenziellen Kollegen interagiere?“ Früher habe ich intellektuell abgewogen, Plus-Minus-Listen geschrieben. Das hat nicht funktioniert. Heute schreibe ich immer noch Plus-Minus-Listen. Die dienen aber in erster Linie dazu, meine Intuition zu füttern, nicht eine Entscheidung zu treffen. Ansonsten: man darf vor allem in jungen Jahren auch mal Fehler machen. Ich habe meinen allerersten Arbeitgeber nach 1,5 Jahren wieder verlassen. Hat nicht gepasst. Trotzdem war es eine Zeit wertvoller Erfahrungen.

Mehr Lesen?

SDas Buch “Karriere mit System” beinhaltet viele weitere Interviews, Fallbeispiele und Ideen und Ansätze eine zeitgemäße Karriere zu gestalten.


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